Duftende Minze-Felder
Mit Pfefferminz bin ich Dein Prinz
Teil 1: Führend in Deutschland
Andisleben. Der längst zum Kult avancierte Titel von Marius Müller-Westernhagen, veröffentlicht vor über 40 Jahren, ist prompt präsent, wenn es um Pfefferminze geht. Ich sitze bei hochsommerlichen 33 Grad Außentemperatur im wohltemperierten Büro bei einer heißen Tasse Pfefferminztee, die erfrischend wirkt. Pfefferminze ist Erfrischung, ganz gleich in welcher Form wir sie zu uns nehmen. Und gelernt haben wir über Pfefferminze sehr viel, denn einer der führenden Produzenten in Deutschland ist die Geratal Agrar GmbH & Co. KG in Andisleben.
Ursprünglich war der Pfefferminzanbau in Ringleben beheimatet – bereits seit dem 19. Jahrhundert – wie die Ortschronik ausweist. Einst wurde die Minze von den Bauern von Hand und mit der Sichel geerntet und anschließend auf den Dachböden getrocknet. Nach der Bodenreform in den 1960er Jahren wurden Anbau und Trocknung professionalisiert und auf großen Flächen betrieben. In Ringleben und späterhin in Andisleben hat man einen reichen Erfahrungsschatz und viel Wissen um die Erfrischungspflanze aufgebaut. Dass die hier angebaute Minze sich so großer Beliebtheit und ungebrochener Nachfrage erfreut, kommt nicht von ungefähr.
Ich bin mit Norbert Materne, Abteilungsleiter Arznei- und Gewürzpflanzen, verabredet, der seit rund 35 Jahren Anbau und Trocknung der Minze verantwortet. „Qualität steht an erster Stelle.“, sagt er. Dass dieser vielbemühte Satz in Andisleben wirklich mit Leben erfüllt ist, davon kann ich mich im Laufe des Gespräches überzeugen. Der Geschmack der Minze soll – so die Forderung der Abnehmer – harmonisch sein. Die in Andisleben angebaute Pfefferminze geht auf eine Züchtung aus den 1960er Jahren aus Quedlinburg zurück, die eben jene vollmundige Geschmacksharmonie zu bieten hat. Diese Sorte – Multimentha – schmeckt nicht nur besonders gut, sie ist auch robust und gegen viele Krankheiten resistent. Pfefferminztees werden gemischt aus verschiedenen Minzsorten, so wie man es auch vom Kaffee kennt.
Der Anbau von Kräutern wird in Deutschland umfassend dokumentiert. Jeder Schritt in der Entwicklung der Pflanze wird festgehalten, die Regeln sind streng. Noch strenger sind die Anforderungen der Verarbeiter. Zu denen gehören namhafte Traditionsunternehmen wie Teekanne aus Düsseldorf und Martin Bauer aus Bayern. Bereits zu DDR-Zeiten wurde die Andislebener Pfefferminze ins NSW (Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet) exportiert. Zur Wende dann waren alle Verträge hinfällig, es galt, sich neu zu orientieren. Doch es geschah etwas Besonderes, erinnert sich Norbert Materne: „Nach der Wende kam Teekanne auf uns zu. Man hat unsere Ware gesucht, das war wirklich ein gutes Zeichen.“ Auch wenn die Andislebener schon jahrzehntelang auf dem Weltmarkt bestehen mussten, waren doch die Bedingungen jetzt anders, für alle neu. „Wir mussten uns zurechtfinden, wir waren keine Kaufleute.“, sagt der diplomierte Landwirt.
Die Andislebener Pfefferminze hat einen sehr guten Namen in der Branche. „Das ist uns Verpflichtung, das muss man halten.“, führt Norbert Materne aus. Und fügt an: “Aber der Preisdruck ist da.“. Deutscher Anbau ist ein Qualitätsmerkmal. Wie bereits erwähnt, wird jeder Schritt in der zweijährigen Lebensdauer der Pflanzen dokumentiert. Vorgegeben ist u.a. der Mindestölgehalt. Bevor die eigentliche Lieferung erfolgt, werden Muster zum Abnehmer geschickt, natürlich mit vollständiger Dokumentation und einer Spezifikation, die von Laboren erstellt wird. Sollte sich der Einsatz von Düngemitteln oder Pflanzenschutz erforderlich machen, geschieht dies nur in vorheriger Abstimmung mit den Abnehmern. „Unser Umweltempfinden ist wach.“, sagt Norbert Materne.
(Fortsetzung morgen)
Text: B. Köhler Fotos: B. Köhler
Die Ernte erfolgt bis zum Blühbeginn.
Norbert Materne erklärt das Vermehrung- und Anbauprinzip der Pfefferminze.
Einjährige Pflanzen, Unkraut wird mechanisch gejätet.
Zweijährige Pflanzen vor dem 2. Schnitt.
Die Beregnungsanlage schafft 72 Meter in der Breite.
Bewurzelter Steckling