Niedliche Plagegeister

    Mögen Sie Feldhamster? Wir haben sie kennengelernt – inspiriert durch die Seminarfacharbeit von Friederike Stern und Lena Reißer. Es gab viele überraschende Erkenntnisse, die sich nicht so ohne Weiteres in einem Beitrag darstellen lassen. Deshalb gibt es vier Hamsterbeiträge diese Woche, es lohnt sich, dranzubleiben.

    Wie sehr diese Tiere unsere Sprache beeinflusst haben, zeigt sich an Wörtern wie ‚hamstern‘, ‚Hamsterbacken‘, ‚Hamsterbau‘, ‚Hamsterrrad' u.a.m., die wir als Metapher verwenden, immer dann wenn etwas viel, groß, weitverzweigt – also eigentlich übermäßig ist. Und weil das mit den Feldhamstern wahrhaft üppig ist, machen wir daraus hier gleich einmal eine ganze Feldhamsterserie. Viel Spaß beim Lesen und Nachdenken!

    Früher Plage, heute bedrohte Art

    Teil 1: Das ideale Hamsterleben

    Hamster sind niedlich und manches Kind hat viel Freude an den kleinen Nagern, wenn sie in ihrem Rad Runde um Runde drehen. Feldhamster unterscheiden sich von den in der Zoohandlung erhältlichen in vielerlei Hinsicht. Zum einen sind sie deutlich größer – bis zu 35 Zentimeter lang und 500 Gramm schwer – zum anderen sind sie vom Aussterben bedroht und stehen auf der ‚Roten Liste‘. Das verwundert, insbesondere uns hier auf dem Land Lebende, denn vielen wird noch gut in Erinnerung sein, dass die Feldhamsterpopulation sich manches Jahr zur Plage auswuchs und die Ernte beeinträchtigte.

    In ihrer Seminarfacharbeit hat jetzt die Elxlebenerin Friederike Stern zusammen mit ihrer Mitschülerin Lena Reißer die bedrohten Feldhamster thematisiert. Fachgerecht betreut wurde die Arbeit durch Ingenieur Hendrik Voigtritter und seine Kollegin Anka Voigt, die uns schon so manche Führung durch Feld und Flur gewährten, geologische wie ökologische Zusammenhänge erklärend.

    Um zu verstehen, was die buntfelligen Nagetiere so sehr bedroht, dass sie von einer überbordenden Population auf die ‚Rote Liste‘ kamen, muss man ihre Lebensbedingungen betrachten. Unsere Gegend ist eigentlich der ideale Lebensraum für Feldhamster. Tiefe, sog. bindige Böden, fruchtbar und ertragreich in einem gemäßigten kontinentalen Klima sind beste Voraussetzungen für den Feldhamster. Nicht nur, dass er hier ausreichend Nahrung findet, er kann zudem ausgedehnte Bausysteme graben. Hamster sind exzellente Architekten. Ein hoher Grundwasserspiegel beeinträchtigt seine Bautätigkeit ebenso wie sandige, instabile oder steinige Böden. Das Thüringer Becken erfüllt nahezu alle idealtypischen Voraussetzungen, dass der Feldhamster hier heimisch ist.

    „Lange, trockene und warme Sommer gelten als gute Hamsterjahre. Sie begünstigen einen längeren Reproduktionszeitraum und das Überleben vieler Individuen.“ *Hinzu kommen anthropogene Einflüsse wie Flurbereinigungs- und Entwässerungsmaßnahmen. Im Normalfall kann ein Weibchen zwei Würfe mit jeweils drei bis 10 Jungen zur Welt bringen. Alle 10 bis 15 Jahre wiederholte sich ein besonders reproduktionsstarker Zyklus wie Statistiken ausweisen. Dann gibt es besonders viele Feldhamster und das führte in der Vergangenheit zu hohen Ernteverlusten.

    Was macht so ein Feldhamster? Er lebt im Feld, baut dort unterirdische Systeme, in denen er reifes Korn für den Winter einlagert, also hamstert. Rund 1,5 Kilogramm braucht ein Hamster während des Winters. Seinen Winterschlaf unterbricht er ab und an, um Nahrung aufzunehmen. Der Feldhamster ernährt sich hauptsächlich von Getreide, Luzerne, Erbsen, Rüben, aber auch von Wildkräutern, manchmal von Insekten. Bevor es aber ans Hamstern geht, paaren sich die Hamster. Nach nur 20 Tagen Tragzeit kommen die Jungen zur Welt. Noch im gleichen Sommer werden die Weibchen geschlechtsreif und können sich ihrerseits fortpflanzen. Die Hamsterbacken sind extrem dehnbar und helfen ihm beim Anlegen von Vorräten, denn mit ihnen kann er große Mengen Samen und Körner transportieren.

    Friederike Stern und Lena Reißer haben historische Berichte gefunden, aus denen hervorgeht, dass beispielsweise im Jahr 1721 54.429 Hamster im Thüringer Becken auf der Gothaer Stadtflur erbeutet wurden, 1773 hat man gerade einmal die Hälfte der Nager erlegt, 1818 wurden 111.817 Feldhamster gejagt.* Wenn jeder Hamster 1,5 Kilogramm Korn benötigt, um den Winter zu überstehen und die o.g. Zahlen nur die erlegten Hamster erfassen, nicht aber die überlebenden, dann lässt sich schnell erkennen, dass Hamster in manchem Jahr die Ernte durchaus gefährden konnten.

    Wie die Hamster bekämpft wurden und was ihre Bestände sonst noch dezimierte, erfahren Sie in der nächsten Folge hier im Elch-Report.

    Quellen: Seminarfacharbeit am Pierre-de-Coubertin-Gymnasium Erfurt zu Thema: Cricetus Cricetus – vom Agrarschädling auf die Rote Liste?! Untersuchungen zum Feldhamster im Thüringer Becken, Verfasser Friederike Stern, Lena Reißer *Weinhold/ U.Kayser ‚Der Feldhamster‘ deutschewildtierstiftung.de

    Autor: B. Köhler Foto: Adobe