30 Jahre Kunst in der Landschaft Fahner Höhe

    Auf der Straße zwischen Witterda und seinem Ortsteil, Friedrichsdorf steht ein besonderer Baum – eine Linde, eingefasst in einen überdimensionalen Würfel aus Edelstahl. Seit nunmehr 30 Jahren ist dieses Objekt dort positioniert und wer dafür ein Auge hatte, hat die einst kleine Linde wachsen sehen bis sie – wie heute den Würfel überragte.

    Das Objekt gehört zu einem 1991 entwickelten vom Amt für Museen und Ausstellungen der Stadt Erfurt entwickelten Konzept „Kunst in der Landschaft“ nach dem Vorbild der Kunststraße Rhön bei Hühnfeld/ Fulda in Hessen. 

    Namhafte Künstler waren engagiert worden, um insgesamt Kunstobjekte zu entwickeln, die die Landschaft aufnimmt, die sie bereichern. In diesem Spannungsfeld ist sehr Besonderes entstanden. Witterda stellte Flächen zur Verfügung, auf denen die Objekte vor nunmehr 30 Jahren positioniert wurden. 

    Der Witterdaer Ortschronist, Dr. Hubert Göbel, hat akribisch zusammengetragen, um welche Kunstobjekte es sich handelt bzw. handelte, denn nicht alle sind noch erhalten. Einen Auszug aus seinem umfassenden Beitrag veröffentlichen wir an dieser Stelle, Fortsetzungen folgen:

    Es sollte der Erlebniswert der Fahner Höhe gesteigert und nicht zuletzt ein anziehendes Ausflugsziel für die Bewohner Erfurts geschaffen werden. Kurz nach der politischen Wende bestand eine Aufbruchstimmung. Es gab neue Ideen und auch Möglichkeiten. „Die neue Zeit hofft auf ihre neuen Zeichen.“, formulierte der Kunsthistoriker und Direktor der Kunsthalle Erfurt, Herbert Schönemann, im Vorwort des Katalogs zur Ausstellung „Objekte in der Diskussion“, die vom 14. April bis 15. Mai 1992 im Haus Dacheröden stattfand. 37 Künstler aus Finnland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, den USA und Deutschland hatten dafür 48 Modelle für das Projekt „Kunst in der Landschaft“ eingereicht, die eine Diskussionsgrundlage bilden sollten für mögliche Realisierungen an speziellen Standorten der Fahner Höhen. Schließlich wurden daraus 6 Modelle ausgewählt und in Auftrag gegeben. (…)

    Im Frühjahr 1994 wurden schließlich fünf Plastiken auf den vorher gemeinsam mit Vertretern des Erfurter Kulturamtes und der Witterdaer Gemeindeverwaltung ausgewählten gemeindeeigenen Flächen entlang der Friedrichsdorfer Straße aufgestellt. Eine weitere des niederländischen Künstlers Lucien Den Arend sollte später noch folgen.

    Am 9. Mai 1994 wurden die Plastiken mit der Unterzeichnung der Leihverträge zwischen dem Erfurter Kulturamt und der Gemeinde Witterda im Rahmen einer kleinen Feier im Beisein der Künstler offiziell der Gemeinde übergeben.

    Anläßlich der Übergabe sagte der Erfurter Kulturbeigeordnete Rolf Ehrenberg: „Der Skulpturenweg bereichert die Wohn- und Lebensqualität von Witterda als Wohnstandort, als Naherholungsgebiet  und vielleicht auch in Zukunft stärker noch als Anziehungspunkt für den Tourismus. Der Gast, der die Kultur von Weimar, Erfurt und Gotha kennenlernen will, findet hier, abseits von dem Lärm der Städte, Erholung und Ruhe. Er kann reiten, spazieren und wandern und sich an den Kunstobjekten von internationalem Rang erfreuen – begegnet der Kunst in entspannter, erholsamer Weise.“

    Erläuterungen zu den Kunstwerken hatte das Kulturamt Erfurt in einem farbigen Faltblatt zusammengestellt und der Gemeinde übergeben. Auch die Künstler hatten sich bereit erklärt, ihre Arbeiten im Ort zu erläutern. Zur weiteren Entwicklung des Areals sollte zudem  eine Schautafel am Rundweg aufgestellt werden. Zu letzterem kam es nicht, weil eines der Objekte an einem Weg direkt am Waldrand irrtümlich auf privatem Land aufgestellt worden war und dafür ein neuer Standort gefunden werden musste. Die Waldrand und damit auch der angrenzende Weg hatten sich im Laufe der vergangenen 40 Jahre verschoben und mussten erst neu festgestellt werden. 

    Schlimmer aber wirkte sich der bereits kurze Zeit nach der Übergabe der Kunstwerke einsetzende Vandalismus aus: Eines der Objekte wurde zersägt und musste komplett erneuert werden, zwei weitere wurden aus den Fundamenten gerissen und beschädigt. Der entstandene Versicherungschaden wurde mit insgesamt 150.000 DM angegeben. Es wurde Anzeige erstattet. Der oder die Täter konnten jedoch nicht ermittelt werden.*

    Steckbriefe der Kunstwerke: 

    WÜRFEL UM EINEN BAUM

    Künstler: Jochen Scheithauer, Jahrgang 1948, lebt und arbeitet in München

    Aufbau 1994 (Foto: Heidemarie Bierwisch, Kuratorin des Projektes)

    Der aus 10 cm x 10 cm Edelstahl-Profil bestehende Würfel umgibt wie eine kostbare Fassung einen freistehenden Baum. In ihren Grundformen, so die Absicht des Künstlers, besitzen weder Baum noch Würfel einen besonderen visuellen Reiz. Erst durch das Zusammenfügen beider entsteht eine neue Spannung.

    Bei der Übergabe der Plastik im Frühjahr konnte der Baum nicht mehr gepflanzt werden.

    Das wurde im Herbst 1994 nachgeholt. Die Auswahl und Umsetzung der schönen Linde aus einem Windschutzstreifen ist das bleibende Verdienst des damaligen Bürgermeisters Paul Blankenburg.

    Zumindest eine weitere Arbeit von Jochen Scheithauer dürfte allen bekannt sein, die die B4 nach Erfurt benutzen: seine rote Großplastik am Bindersleber Knie. 

    Über die weiteren Objekte berichten wir in der Fortsetzung. 

    * Auszug aus dem Beitrag von Dr. Hubert Göbel

    Text: Dr. Hubert Göbel (red. bearbeitet), Fotos: B. Köhler, Heidemarie Bierwisch

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